An die Bundesanstalt für

Finanzdienstleistungsaufsicht

Postfach 1308

 

53003 Bonn

 

6. Dezember 2005

 

 

Beschwerde

 

Angaben zum Beschwerdeführer:

Thomas Knauf, geb. 28.07.1955

Richard-Strauss-Ring 41, 23556 Lübeck

Telefon: 0451/476297, Fax: 0451/4795200, Email: thomas.knauf@t-online.de

 

Angaben zum Versicherungsunternehemen:

Provinzial Nord Brandkasse AG

Sophienblatt 33, 24114 Kiel

Versicherungssparte: KFZ-Haftpflicht

Sachbearbeiter: Frau Walter KSC-K4, Herr Sell KSC-K1

 

Beschwerdeziel

Die Provinzial AG soll gemäß §5(2) Pflichtversicherungsgesetz verpflichtet werden, den Segway Human Transporter im Rahmen einer KFZ-Haftpflichtversicherung unter Vertrag zu nehmen.

 

Sachverhalt

Ich bin Halter eines Segway Human Transporters, einem innovativen, selbst balancierenden Zweirad des angesehenen Erfinders Dean Kamen (Anlage Bild 1). Das Gerät ist umweltfreundlich, leise, abgasfrei, wendig, sicher, platz- und energiesparend. Es fördert die Mobilität im städtischen Umfeld und entlastet die Innenstädte vom Autoverkehr. Auf einen Parkplatz passen 33 Segways. Ich nutze das Fahrzeug viel im europäischen Ausland.

 

Segways sind bis zu 20 km/h schnell und entfalten eine elektromotorische Antriebskraft, wenn der Benutzer dies durch eigene Muskelkraft (Vorwärtslehnen) abruft. Nach übereinstimmender Auffassung von TÜV, Polizei, Staatsanwaltschaft und Bundesverkehrsministerium handelt es sich bei derartigen Geräten nach deutschem Recht um Kraftfahrzeuge. Mein Segway HT unterliegt damit dem Pflichtversicherungsgesetz (§1 PflVG). Um das Fahrzeug in Europa auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu verwenden, ist eine Haftpflichtversicherung zwingend vorgeschrieben.

 

Dazu habe ich bei der Provinzial AG wiederholt den Versicherungsschutz beantragt. Dieser wurde jedes Mal mit der Begründung verweigert, mein Fahrzeug besitze keine deutsche Betriebserlaubnis (s. Korrespondenz in der Anlage).

 

Gegen diese Ablehnung wendet sich meine Beschwerde. Die Provinzial AG unterliegt gemäß §5(2) PflVG einem Kontrahierungszwang. Sämtliche Ausnahmen von diesem Annahmezwang sind in §5(4) PflVG abschließend aufgezählt. Die Versicherung beruft sich auf keine dieser Ausnahmen. Sie treffen hier auch allesamt nicht zu. Eine fehlende deutsche Betriebserlaubnis gehört nicht zu den aufgeführten Ausnahmen und kann eine Ablehnung der Versicherung somit auch nicht wirksam begründen (vgl. Feyock in Feyock/Jacobsen/Lemor, § 5 PflVG Rdn 63 Ablehnungsgründe). Das  Gesetz sieht auch nicht vor, dass die Versicherungswirtschaft Polizeiaufgaben wahrnimmt und vermeintliche Verstöße gegen die StVZO verfolgt (vgl. Argumentation des Versicherers).

 

Die momentan in Deutschland noch fehlende Betriebserlaubnis lässt auch nicht den Rückschluss zu, dass es meinem Fahrzeug an Betriebssicherheit mangelt. Die in Deutschland als Zulassungsvoraussetzung geltenden Kriterien wurden im vergangenen Jahrtausend festgelegt, als selbst balancierende Fahrzeuge noch unbekannt waren. Sie können daher die spezifischen Charakteristika und Anforderungen dieser Fahrzeugart überhaupt nicht berücksichtigen und sagen über deren Betriebssicherheit nichts aus. Der Segway HT wurde in den USA mit einem Aufwand von 100 Mio US$ nach den dortigen Kriterien für Luft- und Raumfahrt entwickelt. So sind z.B. alle Systembestandteile redundant ausgelegt, damit beim Ausfall einer beliebigen Komponente immer noch ein sicherer Nothalt durch die Reservevorrichtung gewährleistet bleibt. Weltweit fährt eine fünfstellige Anzahl an Segways regelmäßig im öffentlichen Verkehr, ohne dass dies ein Problem für die Verkehrssicherheit darstellt.

 

In den USA und in den meisten europäischen Ländern sind Segway HTs erlaubt und erwünscht. Die nachgesuchte KFZ-Haftpflicht gilt europaweit. Zur Wahrnehmung meiner Mobilitätsrechte im europäischen Ausland bin ich auf sie angewiesen. Die Ablehnung durch den Versicherer ist ungesetzlich (§5(2) PflVG), sozialschädlich in Bezug auf potentielle Verkehrsopfer, sie beeinträchtigt meine Bewegungsfreiheit und setzt mich dem Risiko einer einjährigen Haftstrafe aus (§6 PflVG).

 

Ich bitte Sie daher, den aufgezeigten Missstand zu beseitigen und die Provinzial AG zu verpflichten, meinen Segway HT unter Vertrag zu nehmen. Das Zustandekommen eines fiktiven Vertrages (Annahmefiktion, da keine wirksame Ablehnung innerhalb der Annahmefrist erfolgte, vgl. Feyock in Feyock/Jacobsen/Lemor, § 5 PflVG Rdn 52) ist nicht ausreichend, da ich nur mit einem gültigen Versicherungsschein gegenüber Polizei und Justiz den Nachweis erbringen kann, dass das vorgeschriebene Versicherungsverhältnis auch tatsächlich besteht.

 

Mit freundlichem Gruß

 

 

Thomas Knauf

 

Anlagen: 1 Produktbild, 6 Seiten Versicherungskorrespondenz